Siebter Rabe – Keine Äpfel im Paradies

Nach allem, was wir inzwischen an Stell- und sogar an Campingplätzen gesehen hatten, fühlten wir uns auf dem camping La Ferme de Lann Hoëdic, als wären wir im Paradies gelandet. So holterdiepolter wir auf den allerletzten Drücker am Mittwoch Abend hier angekommen waren, so mir-nichts-dir-nichts stand dann auch der Truck in der Parzelle und wir in der Schlange am Crêpe-Stand an. Selbstverständlich gab es auch die bretonische, aus Buchweizen gebackene und somit weizenfreie Variante. Jörg und ich ließen unsere Galettes mit Tomaten, Käse und Ei belegen und die Kinder durften ausnahmsweise Schokosoße haben – und zwar auf beiden Pfannkuchen! Für den nächsten Morgen bestellten wir frisch gebackenes glutenfreies Brot, das frei Haus zum Campingplatz geliefert wird. Hatte ich Paradies geschrieben? Ich meinte natürlich Schlaraffenland…

Zum ersten Mal fühlte Jörg sich in Frankreich wohl und willkommen! Das Publikum ist bunt gemischt, aber durchweg alle sind wahnsinnig nett. Immer wieder und immer in einer anderen Sprache beantworteten wir Fragen nach unserem Fahrzeug, unserer Geschichte und unserer Reise. Den kompletten Donnerstag Vormittag klönten wir mit unseren Nachbarn aus der Nähe von Darmstadt, während Arthur und Ansgar mit deren Söhnen spielten. Da wir direkt am Spielplatz standen, hatten wir die Kinder gemütlich von unserer „Terrasse“ aus im Blick, und die nächste Sanitäranlage war so nah, dass ich zur Toilette gehen konnte, ohne Alwara aus ihrer Hängematte holen zu müssen. Auch dann, wenn Jörg gerade unterwegs war, z.B. um mit den Kindern die Tiere auf der Mini-Farm zu besuchen.

Arthurs Lieblingstier auf der Mini-Farm

Alles dort ist nicht nur sehr gepflegt und sauber, sondern auch sehr liebevoll und großzügig gestaltet. Bäume und Sträucher unterteilen das Gelände und spenden Schatten und Geborgenheit. Alle Parzellen schmiegen sich irgendwo an den Rand, an eine Hecke oder ein Gebüsch und dazwischen gibt es überall große freie Flächen zum Spielen, Toben und sich Entfalten. Der Spielplatz ist einfach genial, es gibt mehrere Pétanque-Plätze, einen Aufenthaltsraum mit einer kleinen Bar und einer schönen Terrasse und sogar einen kleinen Spa-Bereich. Per sms oder Internet kann man Massagen und Kosmetik-Behandlungen buchen. Ein paar wichtige Dinge des täglichen Lebens bekommt man im Mini-Shop an der Rezeption. Das meiste sind hausgemachte Leckereien aus der Region. Es könnte auch eine  anthroposophische Einrichtung sein….

Ankommen und bleiben tat nach dem häufigen täglichen Weiterziehen richtig gut

Alles passte: das Wetter, der Platz, die anderen Gäste….

… und ganz besonders der Spielplatz!

Die komplette Spielplatzfläche ist ein riesiger Sandkasten mit Klettergerüsten, Hüpfburgen und einer Wasserstelle in der Nähe.

Wir fühlten uns so schnell so wohl dort, dass wir unsere Buchung direkt für zwei Nächte verlängerten. Der Donnerstag verflog und am Freitag war ich zum Meeting verabredet. Wäsche waschen wollten wir auch noch… und dann wollten wir ja auch noch Urlaub machen! Am Freitag Morgen setzte ich mich in den Aufenthaltsraum um zu arbeiten, Jörg brachte mir nebenbei Brot und Kaffee, und die Mitarbeiterin an der Rezeption kümmerte sich rührend darum, dass ich meine Ruhe hatte. Nachmittags gab es für die ganze Familie ein Beauty-Programm – aber nicht im Spa-Bereich sondern in der Dusche! Sogar Alwara nahm ein Bad in der fest installierte Babywanne…

Irgendwann erzählte Jörg unseren Nachbarn von unserem Camping-Backofen. Die waren neugierig, begeistert, und auch wenig skeptisch und so beschlossen wir, am Samstag Kuchen zu backen. Bisher hatte ich zwar schon einige ganz passable Brote damit zustande gebracht und darin gekocht – aber der Kuchen war eine Premiere. Ein einfaches Rührteigrezept, mit einem Rest Marzipanrohmasse und ein paar Kirschen… Der Omnia ließ mich nicht im Stich – der Kuchen wurde richtig lecker!

Spontan luden wir noch eine dritte Familie – aus Plochingen – dazu ein. Ihre Tochter versteht sich super mit den Jungs und ist ganz entzückt von Alwara. Und auch wir Erwachsenen stellten schnell fest, dass uns der gemeinsame Gesprächsstoff nicht so schnell ausgehen würde. Am Nachmittag wanderten wir dann auch zusammen zum Strand, der einen zünftigen aber ebenso romantischen Fußmarsch vom Campingplatz entfernt ist.

Was sich wohl hinter dieser geheimnisvollen Tür verbirgt?

Schon allein der Weg zum Strand war immer ein Erlebnis…

… die Badetage einfach traumhaft entspannt!

Am nächsten Morgen schlenderte ich zur Rezeption, um unser frisches, warmes Brot dort abzuholen. Auch wenn ich mich wiederhole: die Dame dort ist wirklich reizend, kennt die meisten Kinder auf dem Platz beim Namen und ist durch und durch Gastgeberin. Schon allein ihretwegen kann man sich hier nur wohl fühlen! Doch an diesem Morgen war irgendetwas anders. An diesem Morgen strahlte sie noch ein klein wenig mehr als sonst. Als ich an der Reihe war, unser Brot entgegen zu nehmen, drehte sie sich um und hielt mir eine Tasche hin… voller Tomaten! Aus ihrem eigene Garten, in lauter verschiedenen Formen. „Tomates des voyageurs“ heißt die knubbelige Sorte – Tomaten der Reisenden. Da hatte sie an uns gedacht!

Eine Schale voller Paradiesäpfel…

… in unserem kleinen Garten Eden.

Wir wollten gar nicht wieder weg! Also verlängerten wir um einen weiteren Tag, was nur möglich war, weil die Familie aus Plochingen sich bereit erklärte, Jörg zum Einkaufen mitzunehmen. Das Bio-Angebot im Supermarkt war unerwartet dürftig, denn in der ganzen Region gibt es viele Biobauernhöfe, -läden und -märkte. Es gab nicht einmal Äpfel. Etwas erfolgreicher fiel mein anschließender Flohmarktbummel aus. Frauen können einfach besser einkaufen!

Einen traumhaften Tag am Strand und einen geselligen Abend mit leckerem Ratatouille später, brach dann unweigerlich der Morgen der Abreise an. Wir waren so sehr mit dem Abbauen und Packen beschäftigt, dass wir es nicht einmal mehr schafften, in der Parzelle hinter uns ein paar Äpfel einzusammeln. Dabei hatten wir die Betreiber extra gefragt, ob wir dürfen! Nach einem Abschied mit ganz vielen Au-Revoirs und À-Bientôts, sitzen wir nun wieder in unserem Magirus und verlassen das Paradies –

– ohne Äpfel.

Sehnsüchtige Grüße,
Nora