Sechzehnter Rabe – Nach der Tour ist vor der Tour

Siebeneinhalb Monate ist es jetzt her, dass wir von unserer Reise zurückgekehrt sind. Und natürlich sind wir inzwischen auch wieder zuhause angekommen. Aber es hat schon einige Zeit gedauert, bis der Geist dem Körper folgte…

Zuerst sah es so aus, als würden wir ganz entspannt wieder in unseren Alltag hineinschlüpfen. Wir haben es ruhig angehen lassen, uns aufs Wesentliche konzentriert. Zeit hatten wir mehr als genug, denn Jörg hat nach wie vor Elternzeit, ich arbeite weiter ein paar Stunden die Woche von zuhause aus, so wie während der Reise auch…

Ich glaube, es war ungefähr drei Wochen nach der Rückkehr, als uns die Realität einholte: Termine und Verpflichtungen, die meisten selbst gewählt und dennoch oft anstrengend und zeitraubend. Die ganze Ausstattung aus dem Truck in Kartons und Kisten im Keller, daneben die Reste von Chaos noch von vor unserer Abreise. Die doch sehr abrupte Umstellung von Hochsommer auf herbstliches Schietwetter. Dazu Zweifel an unserer Wohnsituation, die uns plötzlich irgendwie unwirklich, absurd und in manchen Momenten sehr belastend vorkam.

Völlig spurlos und harmonisch ging das nicht an uns vorüber! Irgendwie stand plötzlich alles in Frage… auch, was wir mit dem Truck machen würden. Würden wir ihn behalten? Oder doch verkaufen?

Wir haben ihn im Internet angeboten, um zu sehen, ob es überhaupt Interessenten für so ein Vehikel gibt, und ob wir eine Chance hätten, den Magirus zu einem angemessenen Preis zu verkaufen.

Die Nachfrage hat uns völlig überrollt. Wir hatten so dermaßen viele Mails zu beantworten, dass wir dadurch nur zusätzlich aus der Bahn geworfen wurden, in die wir gerade erst wieder hinein zu finden versuchten. Wir haben die Anzeige deaktiviert.

Wir fokussierten uns darauf, den Herbst in vollen Zügen zu genießen, und zehrten von den schönen Dingen, die er mit sich bringt: dem Holzofenfeuer, den Laternenumzügen, den bunten Blättern, den Spaziergängen durch Wind und Wetter, den Nebel überm Kanal, den wir zu dieser Jahreszeit durchs kahle Gebüsch hindurch vom Fenster aus sehen können, und von der wohligen Gemütlichkeit im Haus.

Dann wurde es Weihnachten. Ruhe kehrte ein. Von den Strapazen, von denen die Reise begleitet war, hatten wir uns endlich erholt. Mit unserer Wohn- und Lebenssituation hatten wir uns auseinandergesetzt, Entscheidungen getroffen und unseren Frieden gemacht. Neue Wünsche und Träume für zukünftige Touren mit dem Magirus kamen nun ganz wie von selbst… und brachten Ideen und Pläne für den weiteren Ausbau mit. Und das Wissen und die Sicherheit, wohin unser Weg uns führen soll, dass wir uns alle gemeinsam in die gleiche Richtung bewegen, und…. womit:

Wir werden den Truck behalten.

Anfang Januar haben wir mit dem Umbau begonnen. Die ersten drei Monate haben wir ausschließlich dafür gebraucht, alles auszubauen und herauszureißen, was überhaupt nicht mehr oder nicht mehr so wie vorher sein sollte.

Dann begannen wir, den halb leeren Koffer zu sanieren. Entrosten, abdichten, verspachteln, grundieren, lackieren… Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen kamen die ersten Schritte in Richtung Wiederaufbau: Lärmdämmung und Isolierung.

Und dann, irgendwann Anfang April, hatten wir endlich die Talsohle durchschritten! Wir konnten mit dem eigentlichen Ausbau beginnen!

Seitdem geht es Schlag auf Schlag! Die Wände und die Decke sind neu verkleidet, der Boden ist verlegt. Ebenso die Kabel und Wasserleitungen. Küchenblock und Hochschrank sind geschrubbt, angepasst und wieder zusammengesetzt. Die Hängeschränke, ebenfalls zurecht gesägt und sauber gemacht, sind schon wieder an ihren alten Plätzen. Das Grundgerüst für die Sitzbänke, die wir komplett neu bauen, steht. Das Wassersystem ist fast fertig, die Elektrik muss noch komplett angeschlossen werden, aber es ist alles da.

Genau heute wollten wir eigentlich soweit sein, dass wir eine erste Probefahrt machen können. In Jork ist dieses Wochenende Wikingermarkt – da wollten wir hin. Wir hatten geplant, uns auf die Bänke (damit alle mitfahren können) und den Tisch (damit Jörg und ich auch einen Schlafplatz haben) zu konzentrieren und den Rest hintenanzustellen, um möglichst schnell fahrbereit zu sein. Vor ein paar Tagen haben wir dann aber doch entschieden, die verschiedenen Arbeitsschritte in Ruhe der Reihenfolge nach abzuarbeiten, so wie es am meisten Sinn macht und uns am besten von der Hand geht. Alles Bisherige ist viel zu gut geworden (finden wir zumindest), um jetzt zu riskieren, es irgendwie zu verkorksen.

Die Bänke sind also noch nicht fertig und der Tisch bleibt draußen bis zum Schluss. Dafür haben wir zwischendurch in der Werkstatt die Reserveradhalterung umbauen lassen, um Platz am Heck für eine große Transportbox zu schaffen.

Auch wenn unsere Reise uns in vielerlei Hinsicht nachhaltig beeindruckt und sehr verändert hat, so bleiben wir uns doch darin treu: was wir machen, machen wir richtig. Wenn nötig, treffen wir dafür Entscheidungen und setzen Prioritäten. Und dann ziehen wir’s durch.

Ich hoffe – und glaube – dass wir in zwei Wochen nach Eekholt oder aber spätestens in drei Wochen nach Schilde fahren können! Wir werden sehen… und berichten! Denn mit der Entscheidung für den Magirus ist auch die Entscheidung gefallen, dass wir wieder Raben schreiben.

Krächzende Grüße,
Nora